Diät

Die Low-Fat-30-Diät im Test

Erfahrungen aus der Naturheilpraxis von René Gräber

René Gräber
René Gräber

Fett ist der Nahrungsbestandteil mit dem größten physiologischen Brennwert. Wer abnehmen will, muss folglich diesen Kalorien-Träger Nummer 1 reduzieren („Low-Fat-Diät“). Das zumindest ist der Diät-Experten nimmermüdes Credo, das in unseren Köpfen fest verankert ist.

Fett hat nicht nur mehr Kalorien als jeder andere Nährstoff (9 kcal pro Gramm, versus Zucker: 4 kcal pro Gramm), sondern bringt auch noch ein geringeres Sättigungsgefühl als andere Nährstoffe. Zu allem Überfluss geht dieser beliebte Geschmacksträger auch noch direkt in die Fettdepots.

Low-Fat-30 entspricht der DGE-Empfehlung

Die Idee hinter der „Low-Fat-30 Diät“ ist so simpel wie gut: Der übergewichtige Mensch nimmt mehr Fett zu sich, als er dürfte. Die Sollmenge “darf” laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) 30 % der gesamten Nahrungsaufnahme betragen. Nach anderen Empfehlungen sollten rund 30 % der Kalorienzufuhr in Form von Fett erfolgen. Eine besser anwendbare Vorschrift lautet, dass ein durchschnittlicher Erwachsener 50 bis 60 g Fett pro Tag verzehren sollte.

Diesen Diät-Plan verkauften die “Erfinder” von Low-Fat-30 um die Jahrtausendwende als eigene Idee. Freilich sind in den Büchern von Gabi Vallenthin und Gabi Schierz auch “nette Rezepte” enthalten, die auch von Kreativität zeugen. Dünsten und Grillen sind in den Anregungen die bevorzugten Gar-Techniken von Gemüse sowie magerem Fleisch und Fisch.

Daneben rieten die Autorinnen auch zu zwei weiteren Regeln: nur bei echtem Hunger essen und Reste stehen lassen, wenn Sättigung eingetreten ist. Die Veröffentlichungen sind heute noch zu Schleuderpreisen im Internet erhältlich. Mit dem damaligen Marketing verbundene Produkte sind inzwischen fast verschwunden und den Ernährungsampeln gewichen.

Diese Idee mit roten, gelben und grünen Punkten in Kalorien-Tabellen nahmen Schierz und Vallenthin allerdings vorweg. Low-Fat-30 ist keine Crash-Diät, sondern als langfristige Ernährungsumstellung gedacht. Als solche kursieren heute zahlreiche Low-Fat-30-Rezepte und Wochenpläne im Internet.

Low-Fat-30 betont nicht die Bedeutung der essenziellen Fettsäuren

In den ursprünglichen Low-Fat-30-Diäten wird nur wenig zwischen pflanzlichen und tierischen Fetten unterschieden. Fette sind aber nicht nur Energie-Lieferanten, sondern enthalten auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, die physiologisch unentbehrlich, daher “essenziell” sind.

Einige Omega-3-Fettsäuren können vom Körper nicht oder nur in geringem Maße produziert werden. Lecithin ist ein weiteres Lipid-Gemisch, das unbedingt aufgenommen werden muss. Deswegen wäre auch die Idee, ganz auf Fett zu verzichten, völlig abwegig. Ohne Fett im Dünndarm kann der Körper übrigens auch einige Vitamine nicht aufnehmen. Ein weiteres Problem sind hohe Leberwerte bei fettfreier Diät.

Low-Fat-30 enthält neben der pauschalisierten Betrachtung der Fette noch einen weiteren Fehler: Andere Maßnahmen zum Abnehmen wie Bewegung werden viel zu wenig berücksichtigt – wie bei vielen anderen Diäten auch.

Ebenso fehlt die Warnung vor Zucker, Weißmehl und weiteren schädlichen Produkten, obwohl inzwischen bekannt ist, dass auch überflüssige (vor allem einfache) Kohlenhydrate sofort umgewandelt werden und in die Fettzellen eingelagert werden.

Was sagen wissenschaftliche Studien?

Ob Low-Fat sinnvoll ist, hat ein US-amerikanischer Wissenschaftler in einer Meta-Studie überprüft. Dazu untersuchte er 50 Forschungsarbeiten, in denen die Daten von fast 70.000 Menschen erfasst sind, die an einer Reduktions-Diät teilgenommen hatten. In den Studien wurden verschiedene Diät-Formen untersucht, sodass ein Vergleich zwischen dem Erfolg einer Low-Fat-Diät mit anderen Diäten möglich war.

Bei der Auswertung des Materials interessierte Prof. Dr. Kevin D. Hall aus Bethesda vor allem der effektive Unterschied zwischen der Low-Fat-Diät und einer Diät mit geringem Kohlenhydrat-Anteil (Low-Carb-Diät).

Im Ergebnis schnitt die Low-Carb-Diät besser ab. Allerdings war der Abstand zu den Low-Fat-Diäten so geringfügig, dass das Ergebnis nicht signifikant ist. Den Gewichtsverlust der Low-Carb-Gruppe bezifferte Prof. Hall mit 1,1 kg besser, also niedriger als den der Low-Fat-Kohorte. Demnach spielt es kaum eine Rolle, welche Kalorien-Träger beim Abnehmen reduziert werden.

Prof. Hall interpretiert die Resultate auch hinsichtlich des Studien-Designs der untersuchten Arbeiten. Er prüfte nämlich nur Studien mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr.

Nach so langer Zeit hatten Abnehmwillige ihr Zielgewicht schon erreicht und danach wieder zugenommen. Das Optimal-Gewicht bringen die meisten Menschen während einer Diät nach einem halben Jahr auf die Waage. Durch den Jo-Jo-Effekt nehmen sie dann wieder zu.

Hall leitet daraus eine Empfehlung ab: Wichtig sei vor allem, dass die Diät langfristig gehalten wird. Dann sei zu vernachlässigen, ob ein Übergewichtiger weniger Fett oder weniger Kohlenhydrate konsumiere. Das Problem ist dann eher ein psychologisches. Um eine Diät auch zur dauerhaften Ernährungsgewohnheit zu machen, muss sie mit ausreichend Genuss verbunden sein.

Dies erfordert eine individuelle Abstimmung der Diät mit kalorienarmen Mahlzeiten, die dem Betroffenen auch gut schmecken. Prof. Hall veröffentlichte die Ergebnisse seiner Meta-Studie am 29. Oktober 2015 im Fach-Journal „THE LANCET Diabetes & Endocrinology“, Volume 3, No. 12.

Wenn die Low-Fat-30-Diät eine langfristige Ernährungsumstellung sein soll, dann tritt natürlich kein Jo-Jo-Effekt ein. Doch um das Traumgewicht zu halten, muss man es erst erreichen.

Zur Gewichts-Reduktion taugt Low-Fat-30 die Diät nur dann, wenn neben dem 30-30-30-Verhältnis von Fetten, Kohlenhydraten und Proteinen, auch die Gesamtmenge der Kalorien begrenzt wird. In vielen Low-30-Plänen ist daher eine Zielmenge von rund 1500 kcal am Tag eingepflegt. Damit ist Abnehmen ohne Weiteres möglich.

Die Low-Carb-Diät hat den Nachteil, dass ein Vitamin-Mangel entstehen kann, weil nur wenig Obst verzehrt werden darf. Denn darin ist viel Zucker enthalten. Allerdings kann diese Diät auch die Blutfettwerte regulieren, aber nur bei Umstellung auf vegane Ernährung.

Die Begrenzung der Kohlenhydrate kann daneben dem Diabetes Typ 2 vorbeugen. Ein Problem bei Low-Carb ist die mögliche Übersäuerung des Körpers mit diversen Konsequenzen für die Gesundheit.

Fazit

Die “Low-Fat-30-Diät” ist nach Meinung einiger Experten eine von den besseren Diäten und gilt als eine “vollwertige” Ernährungsumstellung. Andere “Experten” sehen dies inzwischen auch anders. Stiftung Warentest und Ökotest bewerteten bereits drei Mal mit den Höchstnoten.

Diese Bewertung gilt aber nur unter dieser Bedingung: Die Low-Fat-30 muss dauerhaft praktiziert werden, und zwar unter Berücksichtigung gesunder Fette aus Pflanzenölen und Fisch.

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Dieser Beitrag wurde letztmalig am 28.12.2020 aktualisiert.

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