Ich erinnere mich noch sehr: Mitte der 90er hörte ich das erste mal von einem Krankheitsbild namens “Fibromyalgie”. Als ich die Symptome dieser Erkrankung hörte, wusste ich sofort, dass man jetzt endlich dem Kind einen Namen gegeben hatte.
Bis dahin gab es nämlich kein zusammengefasstes Krankheitsbild, weil die Patienten dauert mit einer anderen Diagnose “belegt” wurden.
Der Vorteil: Patienten bekommen jetzt eine Diagnose und fühlen sich nicht mehr als “Simulanten” oder “besonders Wehleidige”.
Der Nachteil: Die klassische “schulmedizinische” Therapie ist keine wirkliche Heilung.
Doch zuerst einmal:
Was ist Fibromyalgie?
Die Fibromyalgie (auch Fibromyalgie-Syndrom genannt) ist eine chronische Schmerzkrankheit, die zum Weichteilrheumatismus gehört.
Den Begriff Fibromyalgie kann man mit Faser-Muskel-Schmerz übersetzen. Die Schmerzen, die dabei auftreten, können überall am Körper (=generalisiert), vor allem in der Muskulatur, im Bereich von Gelenken und am Rücken vorkommen.
Typisch ist das Auftreten von schmerzhaften Druckpunkten (=tender points). Von diesen von der ACR (=American College of Rheumatology; wissenschaftliche Fachgesellschaft) festgelegten 18 Hauptschmerzpunkten müssen für die Diagnosestellung Fibromyalgie mindestens 11 auf Druck schmerzhaft sein.
Die “tender points” sind jeweils körperhälftensymmetrisch am Hinterkopf (Ansatz der oberflächlichen Nackenmuskeln), am Seitenrand der Halswirbelsäule (auf der Höhe des fünften bis siebten Halswirbels), in der Mitte der oberen Begrenzung des hinteren Schultermuskels (Musculus trapezius), am oberen inneren Rand des Schulterblatts, am äußeren Ellenbogengelenk (bei Schmerzen=”Tennisellbogen”; Sehnenansatz der Unterarmmuskeln), am oberen äußeren Rand der Gesäßmuskulatur, auf Höhe der zweiten Rippe seitlich des Brustbeins, am Oberschenkelknochen kurz unter dem Hüftgelenk (=Trochanter major, Knochenansatzpunkt für Muskeln) und im Fettgewebe der Innenseite des Kniegelenks zu finden.
Neben den generalisierten Schmerzen und den tender points treten vegetative Symptome (z.B. kalte, verschwitzte, zitternde Hände, trockene Mundschleimhaut, Kreislaufbeschwerden, atemabhängige Herzrhythmusstörungen) und funktionelle Störungen (z.B. allgemeine Abgeschlagenheit, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden, Beklemmungsgefühle im Hals und bei der Atmung, Sensibilitätsstörungen, Herzbeschwerden, Probleme beim Wasserlassen, Menstruationsbeschwerden) auf.
Ungefähr 2% der Bevölkerung sind von einer Fibromyalgie betroffen, dabei sind vor allem Frauen zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr erkrankt.
Die Ursache des primären Fibromyalgie-Syndroms ist noch unbekannt. Diskutiert werden eine genetische Veranlagung, eine gestörte oder veränderte Schmerzverarbeitung und -wahrnehmung, hormonelle Störungen, psychische Belastungen und Störungen des Immunsystems.
Ein sekundäres Fibromyalgie-Syndrom kann auf dem Boden anderer rheumatischer Erkrankungen (z.B. Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom, Polyarthrose, rheumatoide Arthritis), bei chronischer Hepatitis C (=Leberentzündung), durch Verletzungen, Operationen oder psychische Traumata entstehen.
Die Fibromyalgie ist schwierig zu diagnostizieren, weil die Symptome auch bei vielen anderen Erkrankungen vorkommen. So können Infektionen durch Viren oder Bakterien (z.B. Ebstein-Barr-Virus, Borrelien) ähnliche Symptome hervorrufen. Auch Muskel- und Sehnenerkrankungen (z.B. Entzündungen), Osteoporose (=Knochenschwund), Sarkoidose (=Erkrankung des Immunsystems), Kollagenosen (z.B. Lupus erythematodes, Sjögren-Syndrom), rheumatoide Arthritis oder das chronische Müdigkeitssyndrom (=chronic fatigue syndrome, =CFS) kommen infrage.
Da die Schulmedizin keine direkte ursächliche Therapie für die Fibromyalgie anbietet, besteht oft ein hoher Leidensdruck seitens der Patienten.
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Beitragsbild: iStock
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 02.08.2012 aktualisiert.