Wer ans Abspecken denkt, der zieht häufig Bilanz in seinem Essverhalten und macht eine „Milchmädchenrechnung“ auf. Diese sieht so aus, dass das Übergewicht des Betroffenen Resultat eines Ungleichgewichts zwischen Kalorienaufnahme (viel zu viel) und Kalorienverbrennung (keine Bewegung, kein Sport) sein muss. Die gängigen Diätratgeber überschlagen sich dann sofort, jedem Abnehmwilligen eine Hungerkur aufzubrummen, bei der er nicht hungert.
Warum Diäten mit Vorsicht zu genießen sind und Fasten sich kaum für eine Gewichtsreduktion eignet, habe ich bereits mehrmals diskutiert:
- Abnehmen mit der Brigittediät?
- Wie Sie dauerhaft und gesund Abnehmen und vieles mehr.
Auch die Bilanzfrage zwischen Kalorienaufnahme und -verbrennung ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Die Qualität der Nahrungsmittel spielt hier eine bedeutsamere Rolle als die Quantität. Mehr dazu unter:
Aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind noch andere Faktoren an der Entstehung von Übergewicht beteiligt. Ein Faktor scheint der Schlafmangel zu sein. Hier würde es man sich zu einfach machen, wenn man annimmt, dass die Betroffenen, anstatt zu schlafen, dauernd essen würden.
Übrigens: Wenn Sie solche Informationen interessieren, dann fordern Sie unbedingt meinen kostenlosen Diabetes-Newsletter dazu an:
Aber irgendwie läuft es dennoch in diese Richtung. Denn Wissenschaftler hatten im November letzten Jahres eine Arbeit veröffentlicht, in der sie versuchten, einen Zusammenhang zwischen Schlafmangel und Übergewicht zu ermitteln. Und der gelang:
St-Onge et al., New York Obesity Nutrition Research Center, St. Luke’s/Roosevelt Hospital, New York, NY, USA.
„Short sleep duration, glucose dysregulation und hormonal regulation of appetite in men und women.“
Sleep. 2012 Nov 1;35(11):1503-10. doi: 10.5665/sleep.2198. https://ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23115399
Die Arbeit wurde mit normal gewichtigen und gesunden Männern und Frauen im Alter zwischen 30 und 45 Jahren durchgeführt. Die Probanden schliefen in der Regel zwischen 7 und 9 Stunden pro Nacht.
Während der Studie wurden die Probanden unter zwei Schlafkonditionen beobachtet: unter 4-stündigem Schlaf und unter normalen Schlafzeiten von 9 Stunden. Die Ernährungsbedingungen während der zweimal 4 Tage dauernden Beobachtungszeit waren für alle Probanden gleich.
Gemessen wurden täglich Nüchternblutwerte. Andere Blutentnahmen dienten zur Bestimmung der Konzentrationen von Glukose, Insulin, Leptin, Ghrelin, Adiponektin, Gesamt-Glucagon-like-Peptide-1 und Peptid YY.
Die Ergebnisse zeigten, dass das Körpergewicht der Probanden während der normalen Schlafzeit von 9 Stunden im Durchschnitt um 2,2 Pfund sank. Während der Kurzschlafzeit sank es um 1,7 Pfund.
Dies erwies sich als statistisch signifikant. Die Konzentrationen von Glucose, Insulin und Leptin blieben bei beiden Schlafkonditionen gleich. Ghrelin und das Glucagon-like-Peptide-1 veränderten sich in Abhängigkeit vom Geschlecht.
Der Kurzschlaf erhöhte unter Fastenbedingungen und am Morgen die Konzentrationen von Ghrelin bei Männern signifikant, nicht jedoch bei Frauen. Umgekehrt beobachteten die Forscher einen signifikanten Abfall des Glucagon-like-Peptide-1 während des Nachmittags bei Frauen während der Kurzschlafphase, der bei Männern nicht zu beobachten war.
Die Forscher schlossen aus diesen Beobachtungen, dass bei Schlafmangel im Zusammenhang mit einer negativen Energiebilanz keine verstärkte Insulinresistenz resultiert. Aber über Ghrelin und Glucagon-like-Peptide-1 kommt es zu einer verstärkten Nahrungsaufnahme.
Eine von vielen Aufgaben von Ghrelin im Organismus ist, den Appetit anzuregen. In Experimenten wurde gezeigt, dass das Peptidhormon als Infusion gegeben die Nahrungsaufnahme auch bei gesättigten Probanden erhöhte. Wenn also ein Schlafdefizit bei Männern die morgendliche Konzentrationen von Ghrelin erhöht, dann ist damit logischerweise eine vermehrte Nahrungsaufnahme verbunden.
Bei den Frauen setzt ein anderer Mechanismus ein. Hier ist während der Phase mit Schlafdefizit das Glucagon-like-Peptide-1 am Nachmittag reduziert. Glucagon-like-Peptide-1 ist ebenfalls ein Peptidhormon, hat aber unter anderem die Aufgaben:
- die Entleerung des Mageninhalts in den Darm zu verzögern und
- das Sättigungsgefühl zu stimulieren.
- Es senkt außerdem die Produktion von Glucagon in den Alphazellen der Bauchspeicheldrüse und verhindert damit die Glucosefreisetzung aus der Leber und
- stimuliert die Insulinproduktion.
Die letzten beiden Punkte verhindern überschießende Blutzuckerwerte.
Wenn also die Konzentrationen von Glucagon-like-Peptide-1 nicht ausreichend hoch sind, dann kommt bei der Betroffenen auch kein Sättigungsgefühl auf, was ebenfalls zu einer vermehrten Nahrungsaufnahme führt.
Fazit
Unzureichender Schlaf scheint einen nachhaltigen Einfluss auf unser hormonelles System zu haben, leider keinen Günstigen. Auch wenn die hier zitierte Arbeit mit einer vergleichsweise geringen Probandenzahl durchgeführt worden ist, scheinen sich dennoch deutliche Tendenzen in den Zusammenhängen zwischen Schlafdefizit und Übergewicht abzuzeichnen. Aber so oder so, ausreichend gesunder Schlaf, das ist nicht nur für die Gewichtskontrolle wichtig, sondern auch für andere Funktionen des Organismus.
Übrigens: Wenn Dich solche Informationen interessieren, dann fordere unbedingt meinen kostenlosen Abnehm-Newsletter dazu an:
15. Februar 2013 um 18:13
Nicht nur Übergewicht – auch Diabetes, Herzprobleme und Krebs werden – inzwischen durch eindeutige und seriöse Studien gesichert – auf Schlafmangel bzw. Nachtarbeit zurückgeführt (bzw. damit korreliert – es sind immer mehrere Ursachen beteiligt).
16. Februar 2013 um 14:19
Guter artikel. Und wie im vorherigen Komemntar schon steht, was alles durch Schlafmangel beeinflusst wird, entdeckt man erst nach und nach. Dabei wird mehr als die Hälfte der Energie, die in unseren Zellen produziert wird und ohne die wir nicht leben können, das sog. ATP, für die Regenerationsprozesse während der Nacht benötigt. Das sollte schon ein Hinweis sein, wie wichtig dieser Teil unseres Lebens ist.
Bekannt ist vielen ja auch nicht, dass Schlafmittel bloß eine Art künstliches Koma erzeugen, in dem keiner dieser Prozesse abläuft.
Also muss es, nicht nur im Hinblick auf Gewichtsabnahme im Interesse jedes Einzelnen liegen, einen guten, gesunden Tiefschlaf zu haben für Gesundheit, Stressresistenz, Wohlbefinden und AntiAging.
23. Februar 2013 um 16:09
Okay,mein Problem ist nur,dass ich mehr als 4 bis maximal 6 Stunden Nachtschlaf am Stück so gut wie nie hinbekomme.Und je mehr Sport ich mache desto weniger.Komisch,oder? Das fängt schon langsam an,mir Sorgen zu machen.Ob das die Wechseljahre sind (ich bin 50)? Ich muss wirklich schon stundenlang Fahrrad fahren und mega viel Stress haben um 8,9 Stunden zu schaffen.Wechseljahrsbeschwerden hab ich sonst allerdings fast keine und komischerweise auch keine Gewichtsprobleme mehr,dass sich von November bis März nichts auf der Waage bewegt,auch nicht nach oben,das kenne ich schon.Und ich hab bei 170 cm Größe einen BMI von 26,3.Durchgehend.Vielleicht sollte man sich nachmittags nicht hinlegen,bei dieser Sachlage? Liegt es daran vielleicht ? Oder sind 90 Minuten täglich zuviel Sport?
12. August 2013 um 07:10
Damit bestätigt sich meine These, warum viele frischgebackene Mütter oft monatelang brauchen, ihr Ausgangsgewicht wieder zu erlangen. Die nächtlichen Unterbrechungen des Schlafs verhindern das. Erst als mein Sohn „durchgeschlafen“ hat (mit 18 Monaten!!)purzelten die Pfunde wie von selbst 🙂
2. November 2014 um 22:30
Ich kann auch aus eigener Erfahrung bestätigen, dass Schlafentzug zu hormonellen Störungen führt und zu Gewichtszunahme. Mein Sohn ist mit Neurodermitis auf die Welt gekommen und bekam dann allergisches Asthma. Mindestens 6 Jahre habe ich nachts nie länger als zwei Stunden durchgeschlafen und meinen Sohn versorgt und bewacht. Obwohl ich immer viel Sport und Yoga gemacht habe, habe ich rasant zugenommen und je weniger ich gegessen habe desto mehr habe ich zugenommen.
11. Januar 2016 um 07:12
Ich kämpfe seit Ewigkeiten gegen Gewichtszunahme an. Ernährungstechnisch dürfte ich kein Übergewicht haben – das ist reichlich abgeklärt. (Im Moment werden die Firmicuten beobachtet und behandelt…)
Dass ich aber vor rund 30 Jahren aus dem Schlafzimmer ausgezogen bin, wegen der Schnarcherei meines Mannes, ich seither jede Nacht vor dem Fernseher verbringe – das wurde nie beachtet. Wenn sich der FS ausschaltet bin ich wach und schalte wieder ein, um weiterschlafen zu können. Außerdem hab ich die letzten 20 Jahre nicht eine Nacht durchgeschlafen. Fünf Katzen wollten raus und rein und schließlich hat mich die Alzheimer Erkrankung meines Mannes wach gehalten. (Inzwischen ist mein Mann verstorben und ich habe keine Katzen mehr). Mein Gewicht ist im Laufe der Jahre auf 80kg angestiegen, trotz aller Bemühungen. Was kann ich tun, um diese Fernseherei, der ich die Schuld an meinem Gewicht gebe, loszuwerden? Ich wäre um Ratschläge echt dankbar. Vorzugsweise um solche, die ähnliches hinter sich gebracht haben.
Antwort René Gräber:
Mir ging es einmal ähnlich! Seit ich Autogenes Training lernte und einige andere Dinge, ist dies überhaupt kein Problem mehr.
24. März 2019 um 01:02
Hallo Herr Gräber,
was halten sie denn eigentlich von einer Schlauchmagen OP, ich bin jetzt 50 und nehme auf meine Medikamente ( früher Cortison & MTX) jetzt Olumiant, auch immer wieder zu obwohl ich das schon mein ganzes Leben bei einen BMI zwischen 46 und derzeit 52 mit mir rumtrage. Ich weiß es ist eine radikale Maßnahme und es muss auch psychologisch abgeklärt werden, aber ich weiß mir nicht mehr anders zu helfen, außer mit einem Diabetes Medikament mit dem Wirkstoff Liratuglid, obwohl ich kein Diabetes habe.Um eine Antwort dankbar.