Esssucht – Kann man abhängig von Essen sein? Mit Zuckerbrot und Peitsche gegen die Gesundheit

Drogenabhängige sind abhängig von Drogen. Esssüchtige sind abhängig von was? Von Nahrungsmitteln?

Kann man von Essen überhaupt abhängig sein?

Und wenn ja, gibt es bestimmte Nahrungsmittel, die abhängig machen?

Oder ist Übergewicht nicht doch eine Sache der Vererbung?

Die Sache mit der Vererbung ist ja ein beliebtes Argument: „Oma war dick, Mutter war dick und ich kann nichts dafür…“

Aber, wenn die Vererbung für das Dickwerden verantwortlich ist, warum gibt es dann immer mehr Übergewichtige in den Industrienationen?

Gibt es hier eine Flut von Mutationen, die die Leute immer umfangreicher werden lassen?

Da ich bislang keine Berichte über diese Art der Mutationen und eine entsprechend hohe Häufigkeit kenne, kann man davon ausgehen, dass die Genetik in der überwiegenden Zahl der Fälle eine bestenfalls untergeordnete Rolle spielen kann…

Also scheint es, dass entweder die Mengen an Nahrungsmitteln, die man zu sich nimmt, oder was man im Einzelnen zu sich nimmt, die ausschlaggebende Rolle zu spielen. Oder vielleicht sogar beides. Im Folgenden Beitrag will ich gar nicht auf das Problem der Esssucht direkt eingehen, sondern einen etwas weiteren Bogen ziehen.

Ich hatte auch hierzu einige Beiträge veröffentlicht, die die Qualität der Nahrungsmittel unter die Lupe nahmen und die Verbindung zu nahrungsmittelbedingten Erkrankungen aufzeigten:

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Mit Zuckerbrot und Peitsche gegen die Gesundheit

Übergewicht ist nicht so sehr eine Frage der Genetik (in Einzelfällen mag es stimmen), sondern eine Frage der falschen Ernährung mit den falschen Nahrungsmitteln. Wie in meinen gerade aufgeführten Beiträgen beschrieben, ist Zucker ein Schlüsselelement in diesem Reigen, der abhängig macht und der Gesundheit nachhaltig schadet.

Drogen, Alkohol, Nikotin etc. laufen über exakt den gleichen Mechanismus ab: Ein Dauerkonsum endet auch hier in Abhängigkeit und Schädigung der Gesundheit. Während man bei Drogen und Co. schnell einsieht, warum hier die Gesundheit auf der Strecke bleibt, ist das bei den Nahrungsmitteln nicht so ohne weiteres einzusehen. Auch die Frage, was das alles mit Abhängigkeit zu tun haben soll, ist nicht so ohne weiteres einsichtig, auch wenn es eine Reihe von Hinweisen (siehe Beispiel Zucker) dazu gibt.

Dr. Pamela Peeke ist eine amerikanische Ärztin und Spezialistin in integrativer Medizin, Ernährung und Fitness. Sie hat zusammen mit Kollegen dieses Phänomen untersucht und bemerkenswerte Erkenntnisse gewonnen.

Die erste Einsicht ist, dass Nahrungsmittelabhängigkeiten alles andere als eine Einbildung oder Erfindungen sind. Diese Abhängigkeiten von Essen sind real und so offensichtlich, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr erkennen kann.

Dr. Peeke und ihre Kollegen machten zunächst einmal das, was man in der Regel nur mit pharmazeutischen Substanzen zu machen scheint: Sie untersuchten die Inhaltsstoffe der Nahrungsmittel und ihren Einfluss auf die Biochemie des Organismus.

Das Erste, was die Wissenschaftler als signifikanten Beitrag zu Übergewicht sahen, waren raffinierte, industriell gefertigte Nahrungsmittel, die sie als „hyperschmackhafte Nahrungsmittel“ bezeichneten. Diese „Hyper-Leckerlis“ wiederum bestehen in der Regel aus gezuckerten, fetthaltigen und salzigen Kombinationen. Diese Kombination aus Zucker, Fett und Salz scheint es besonders „in sich zu haben“.

Denn wie es aussieht kann eine solche Kombination besonders nachhaltig das Belohnungszentrum im Gehirn „entführen“ oder entgleisen lassen. Die Veränderungen, die damit in diesem Zentrum erfolgen, sind haargenau die Gleichen, die auch bei einer Abhängigkeit von Drogen, Alkohol und so weiter zu beobachten sind. Aber nicht nur abhängigmachende Substanzen „verdrehen“ das Belohnungszentrum. Auch Prozesse können abhängig machen, wie zum Beispiel Sex und Spielen.

Bei der oben erwähnten Nahrung, besonders bei den Hyper-Leckerlis, tritt eine weitere Besonderheit auf den Plan. Denn Nahrungsmittel vereinen beides in sich – abhängigmachende Substanzen, die aufgenommen werden, und den Prozess. Für Dr. Peeke steht inzwischen fest, dass die Nahrungsmittelabhängigkeit eine Realität ist und kein Hirngespinst.

Dopamin und die Abhängigkeit von Sucht- und Nahrungsmitteln

Wie es aussieht, sind die Gemeinsamkeiten von Nahrungsmittelabhängigkeit und der Abhängigkeit von Suchtmitteln zu deutlich, als dass man diese als nicht existent oder als zufälliges Ereignis interpretieren könnte. Denn in beiden Fällen kommt ein bekannter Neurotransmitter ins Spiel: Dopamin.

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Neben Serotonin wird Dopamin im Volksmund als „Glückshormon“ bezeichnet. Zusammen mit Dr. Nora Volkow, einer Psychiaterin, die sich auf die Therapie von Abhängigkeiten spezialisiert hat, ging sie der Frage nach, ob und wie Dopamin eine Rolle bei der Nahrungsmittelabhängigkeit hat.

Mit Hilfe von MRT (Magnetresonanztomographie) und PET (Positronen-Emissions-Tomographie), beides bildgebende Verfahren mit hochauflösenden Details in den Bildern, untersuchten die Wissenschaftlerinnen die Gehirne ihrer Probanden.

Um die Ergebnisse besser zu verstehen, ist es notwendig zu verstehen, wie Genuss und Belohnung im Gehirn verarbeitet werden, damit wir dieses Gefühl erleben können. Es gibt zwei Arten von Genuss und Belohnung, die entwicklungsgeschichtlich gesehen alt und elementar für das Überleben der Spezies waren beziehungsweise auch heute noch sind.

Es handelt sich hier um Sex und Nahrung. Nahrung garantiert das Überleben des Individuums, während Sex (als Mittel der Fortpflanzung) das Überleben der Spezies sicherstellt.

Was hat das mit Dopamin zu tun? Beim Betrachten von zum Beispiel eines Bildes einer geliebten Person oder einer wunderschönen Landschaft kommt es zur Ausschüttung von Dopamin im Gehirn als Reaktion auf das Bild. Aber – das ist nicht das Geheimnis des schönen Gefühls, was dabei aufkommt.

Das Gefühl von Genuss und Belohnung stellt sich erst dann ein, wenn Dopamin an seine spezifischen Rezeptoren anbindet, den D2-Rezeptoren. Diese Rezeptoren sind im gesamten Belohnungszentrum des Gehirns lokalisiert. Erfolgt eine Koppelung von Dopamin an diese Rezeptoren, dann erfolgen Veränderungen innerhalb der Hirnzellen, die seinem Besitzer das Gefühl von Glück, Genuss und Belohnung erlauben.

Da stellt sich doch sofort die Frage, warum man vom „Genuss“ eines leckeren Apfels nicht nahrungsmittelabhängig wird? Denn wenn dem so wäre, dann wäre alles, was gut schmeckt, höchst gefährlich, da ja ein Abhängigkeitspotential hinter zum Beispiel dem als gesund betrachteten Apfel steckt.

Bei Kuchen und anderen „süßen Verführungen“ kann man sich dies gut vorstellen, besonders wenn man meine drei oben erwähnten Artikel dazu gelesen hat. Die Erklärung von Dr. Peeke dazu lautet so:

„Ein Geburtstagskuchen-Erlebnis, wo ein deutlich süßeres Nahrungsmittel als ein Apfel zum Einsatz kommt, ist ein Ereignis, das das Gehirn verarbeiten kann. Aber was passiert, wenn der Geburtstagskuchen jeden Tag auf dem Tisch steht?

Jetzt haben wir ein Problem… Es gibt Leute, die besonders anfällig sind, wie zum Beispiel die, die in jungen Jahren Missbrauch und Traumata durchmachen mussten, die Stimmungsprobleme haben oder eine andere Abhängigkeit bereits durchgemacht haben.

Diese Leute haben eine viel höhere Wahrscheinlichkeit, auch auf die entsprechenden Nahrungsmittel mit einer Abhängigkeit zu reagieren. Und hier stehen die „Hyper-Leckerlis“ mit der Kombination von Zucker, Salz und Fett in vorderster Front, wenn sie regelmäßig gegessen werden.“

Ich hatte in einem anderen Beitrag Ist Milch für den Menschen gesund? über die „genetische Bedingung der Abhängigkeit“ gesprochen und dabei eine Arbeit erwähnt, die gezeigt hatte, das ein bestimmtes Enzym darüber entscheidet, ob wir anfällig, anfälliger oder immun für oder gegen eine Abhängigkeit von Opioiden sind (Csnk1e is a genetic regulator of sensitivity to psychostimulants and opioids). Inwieweit dieses Enzym hier eine Rolle mitspielt, dafür gibt es noch keine Untersuchungen.

Dieser Aspekt ist nicht zu vernachlässigen, wenn man vor der Frage steht, warum es Leute gibt, die abhängig werden und andere eben nicht, sei es von Alkohol, Nikotin und so weiter und eben auch von Nahrungsmitteln. Denn die Welt besteht nicht nur aus Dicken, die sich eine Nahrungsmittelabhängigkeit zugezogen haben.

Man geht heute davon aus, das rund einer von 12 Erwachsenen eine solche Abhängigkeit entwickelt hat, zur Freude der Lebensmittelindustrie. Die Palette der „Süchtigen“ ist dementsprechend breit gefächert. Es gibt Leute, die kaum betroffen sind und ihre „Abhängigkeit“ gut im Griff haben.

Daneben gibt es die „Vielfraße“, die selbst bei Essen noch vom Essen träumen und denen man ihre Sucht sofort ansieht. Denn die gesundheitlichen Konsequenzen lassen sich ab einem gewissen Stadium nicht mehr verheimlichen. Das heißt allerdings nicht unbedingt, dass normalgewichtige Zeitgenossen dieses Problem nicht hätten.

Dr. Peeke sagt dazu, dass das Gewicht alleine kein Indikator sei. Viele kleine Menschen haben laut ihrer Erfahrung mit Essstörungen zu kämpfen. Süchtig-machendes Essverhalten wird von leichten und übergewichtigen Menschen und denen, die dazwischen liegen, an den Tag gelegt.

Wie eine Sucht entsteht

Das oberste Gebot für Geist und Körper ist das Überleben. Und wenn es notwendig ist, unternehmen beide Anpassungen, um dieses Ziel nicht zu gefährden. Wenn man jedoch sich diese Hyper-Stimulatoren immer und immer wieder zuführt, sei es Drogen, Zucker, Alkohol, Sex etc., dann kommt der Zeitpunkt, wo das Belohnungszentrum im Gehirn diese Überstimulation registriert und versucht einzudämmen.

Denn Überstimulationen sind für die Wahrnehmungsbereitschaft und damit das Überleben des Individuums kontraproduktiv. Diese Eindämmung realisiert das Gehirn, indem es die vor Ort befindlichen D2-Rezeptoren abbaut. Damit lässt das Genuss- und Belohnungserlebnis nach einiger Zeit nach.

Diese Toleranzentwicklung bringt jedoch nur zu häufig mit sich, dass der Betroffene dieses Nachlassen der positiven Erlebnisse durch höhere Mengen an Substanzen zu kompensieren versucht. Dies führt zu einer erneuten Herabregulierung der D2-Rezeptoren, was wiederum beim Betroffenen in einem noch höheren Konsum endet und so weiter. Diese Spirale setzt sich langsam und stetig fort ohne Zeichen für ein Ende. Das häufigste Zeichen für das Ende ist das Ende selbst.

Wenn nämlich der Betroffene gesundheitlich so angegriffen ist, dass er sich die Nahrungsmittel etc. nicht mehr leisten kann, weder finanziell noch „physiologisch“. Dabei spielt unter Umständen der langsam entgleitende Genuss nur eine untergeordnete Rolle.

Dies ist vermutlich besonders in den fortgeschrittenen Phasen der Fall. Hier sind die manifest auftretenden Entzugserscheinungen der treibende Faktor, nicht nur an der Substanz festzuhalten, sondern mehr und mehr von ihr zu konsumieren, um die mehr als unangenehmen Entzugserscheinungen zu umgehen.

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Dr. Volkows Arbeit hat hier zeigen können, dass die Veränderungen im Gehirn von Drogenabhängigen genau die Gleichen sind wie die bei Lebensmittelabhängigen. Für das Gehirn scheint es gleichgültig zu sein, woher die Abhängigkeit stammt. Immer erfolgt ein Abbau von D2-Rezeptoren im Gehirn nach einem längerfristigen Konsum von abhängig machenden Substanzen oder Prozessen.

Bei einem PET-Scan des Belohnungszentrums kann man knallbunte rot-orange Bereiche sehen, die die Bindungen von Dopamin an ihre spezifischen Rezeptoren zeigen. Wenn man Probanden zum Beispiel ein schönes Bild zeigt, dann sieht man auch diese Veränderung in einem PET-Scan.

In einem Gehirn eines Abhängigen sieht es vollkommen anders aus. Dort ist alles nahezu dunkel. Denn bei ihnen ist die Zahl an D2-Rezeptoren so dezimiert, dass es zu kaum einer Darstellung kommt. Und solche Scans zeigen unter anderem auch, wann und ob eine Lebensmittelabhängigkeit vorliegt.

Dies sind dann schon die beiden wichtigsten Schlüsselaussagen von Dr. Volkows Forschung:

1. Nahrungsmittelabhängigkeit ist so real wie all die anderen bekannten Abhängigkeiten auch und

2. Die hirnphysiologischen Veränderungen finden im Belohnungszentrum statt unabhängig von der Natur der sie auslösenden Abhängigkeit

3. Quasi als „Nebenbefund“ konnte die Forscherin zeigen, dass das Belohnungszentrum nicht alleine von den spezifischen Veränderungen betroffen ist, sondern ebenfalls der frontale Cortex (Stirnlappen) mit einbezogen wird. Wenn man dann weiß, dass der präfrontale Cortex die kognitiven Prozesse reguliert, die eine situationsgerechte Handlungsweise ermöglichen, dann kann man sich leicht ausmalen, was es bedeutet, wenn hier unphysiologische Veränderungen auftreten und die damit verbundenen Konsequenzen.

Nicht umsonst sagt man Süchtigen nach, dass sie für logische Erklärungen und Ratschläge unzugänglich sind. Die in Wikipedia beschriebenen Symptome einer Schädigung des Frontallappens treffen so gut wie Eins zu Eins auf die Verhaltensweisen von Süchtigen zu:

  • „Ungenügende Berücksichtigung von Handlungskonsequenzen,
  • Schwierigkeiten bei der Handlungsplanung (exekutive Funktionen),
  • Haftenbleiben an (irrelevanten) Details (Perseveration),
  • Mangelnde Abstimmung auf aktuelle Erfordernisse,
  • Ungenügende Regelbeachtung sowie Regelverstöße (auch im sozialen Verhalten),
  • Verminderte Selbstkontrolle und erhöhte Impulsivität
  • Antriebsstörungen,
  • Störungen der (Kurzzeit-)Gedächtnisleistung und des Arbeitsgedächtnisses,
  • Störungen der Aufmerksamkeit und des geistigen Durchhaltevermögens.
  • Die Intelligenz bleibt erhalten, aber schlussfolgerndes Denken und Klassifikationsleistungen sind schlecht;
  • Ebenfalls oft reduziert sind spontanes Verhalten, Kreativität („Divergentes Denken“) und Wortflüssigkeit.“

Wege zur Abhängigkeitsentwicklung

Ich hatte es bereits angesprochen: Jugendliches Trauma, Missbrauch, andere Abhängigkeiten und so weiter sind ein potenter Wegbereiter für eine Nahrungsmittelabhängigkeit. Eine mehr oder weniger ausgeprägte Fehlentwicklung im Bereich des Stirnlappens kann die Bereitschaft für eine Abhängigkeitsentwicklung stark heraufsetzen.

Dr. Peeke spricht von einem „sweet spot“, der zwischen dem 8. und 13. Lebensjahr liegt. In dieser Altersspanne ist der epigenetische Einfluss auf das Genom am stärksten und damit am gefährdetsten.

Während vor einigen Jahren die Gene und die gesamte Genetik als „Schicksal“ des Einzelnen betrachtet worden waren, dem man hilflos ausgeliefert ist, ist man heute in der Genetik einen bedeutenden Schritt weiter.

Gene sind nicht, wie immer geglaubt und behauptet, in Stein gemeißelt. Sie sind flexibel, wobei das genetische Grundmuster nicht veränderbar ist. Und wenn es sich verändert, dann spricht man von einer Mutation, was meist nichts Gutes bedeutet. Aber Gene können ein- und abgeschaltet werden. Wie? Zum Beispiel auch durch eine schlechte oder gute Ernährung und andere Maßnahmen:

Damit sollte klar sein, dass die „Ausrede“, meine Gene von meinen Eltern sind für mein Übergewicht und alles andere Unheil allein verantwortlich, nie mehr als eine Ausrede war und heute keine wissenschaftliche Unterstützung mehr in Anspruch nehmen kann. Vielmehr kann man sich das Ganze so vorstellen, als wenn man einen An-Aus-Schalter betätigt.

Eine Betätigung der genetischen „Schalter“ lässt aber einen molekularen Marker zurück, der eine Art „Erinnerungswert“ hat. Und auf diesen Marker greift das System in der Zukunft oft zurück. Dementsprechend positiv oder nicht so positiv sieht dann das Verhaltensmuster in gegebenen Situationen aus.

Da uns diese Marker ein Leben lang begleiten, ist es wichtig bei der Überwindung dieser Mechanismen sich an die Reize und Gegebenheiten zu erinnern, bei denen in früher Jugend diese Marker gebildet worden waren.

Für die Psychologen und Psychiater ist es das „Unterbewusstsein“, das hier aber keine unbedingt psychologischen Qualitäten zu haben scheint, sondern auf handfesten molekularen Ereignissen beruht, die über lange Zeit eine Nachwirkung haben. Eine Erforschung des „Unterbewusstseins“ kann aber dazu beitragen, diese Mechanismen zu überwinden.

Denn molekulare Marker zu beseitigen, dies ist physiologisch nicht machbar. Es gibt auch keine Pillen gegen solche Marker. Hier hilft nichts anderes als Aufarbeitung der Situationen, die für die Entstehung der Marker verantwortlich gewesen sind.

Es gibt daneben auch Menschen, die Abhängigkeiten entwickelt haben, ohne dass sie in früher Jugend missbraucht worden sind oder andere Formen von Traumata erleben mussten, die eine Abhängigkeitsentwicklung vorangetrieben hätten.

Hier könnte die von mir oben beschriebene genetisch bedingte Variante ausschlaggebend sein, wo das mangelnde Vorhandensein der Casein-Kinase-1-epsilon zwar keine Abhängigkeit verursacht, aber abhängigmachende Substanzen nicht schnell genug abbaut, was zu einer Überflutung der D2-Rezeptoren führt, die in der Folge vom Gehirn eliminiert werden. Und schon sind wir wieder bei der Abhängigkeitsentwicklung, wie oben beschrieben.

Die Gretchenfrage zur „Ess-Abhängigkeit“

Nach diesen vielen Überlegungen zu Abhängigkeit und deren Entwicklung, und der erschreckenden Tatsache, dass man von ganz „normalen“ Lebensmitteln genau so abhängig werden kann wie ein Heroinsüchtiger von seinem Stoff, da stellt sich die Frage: Zähle ich zu diesen Risikomenschen, die, wenn sie nicht gewaltig aufpassen, auch in eine solche Abhängigkeit rutschen?

Oder bin ich vielleicht sogar schon abhängig, denn ich werde ziemlich grantig, wenn man mir das Vanille-Eis verweigert…? Einen (unverbindlichen) Schnelltest gab es (in Englisch, wie immer) unter drpeeke.com/PopQuiz.htm von Dr. Peeke. Leider ist die Seite nicht mehr erreichbar.

Das wäre für den Moment die einzige praktische Vorgehensweise, um für sich selber in diese Richtung zur Selbsterkenntnis zu gelangen. Denn enzymatische Bestimmungen von Casein-Kinase und Bestimmung von molekularen Markern sind aufwendig und im letzteren Fall nur sehr schwer, wenn überhaupt, möglich.

Von daher hoffe ich, dass die Lektüre dieses Artikels und die damit verbundenen Informationen bei Ihnen einen signifikanten Beitrag dazu leisten, eine bestehende Abhängigkeit zu erkennen und zu überwinden, beziehungsweise eine mögliche zu vermeiden. Denn wie heißt es so schön: „Gefahr erkannt = Gefahr gebannt“.

Wenn Sie möchten fordern Sie mein Buch zum Thema Abnehmen an: Warum wir wirklich fett werden…

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Beitragsbild: fotolia – campre83

René Gräber

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14 Kommentare Kommentar hinzufügen

  1. Avatar

    Tja, hab‘ ich’s nicht längst geahnt, daß Suchtverhalten Fluchtverhalten ist? Alles, was übermäßig betrieben wird – auch von mir – ist Flucht vor…
    Diesen Artikel werde ich meinem Therapeuten wärmstens ans Herz legen, vielleicht finden wir ja einen wirksameren Zugang zu meinen „Schwierigkeiten“…

  2. Avatar

    Sehr schöner Artikel, der die Zusammenhänge eingehend erläutert. Ich selbst würde mich auch von der Thematik als betroffen bezeichnen und habe aus diesem Grund dieses Jahr mein Projekt „Zuckerfrei leben“ gestartet, das Interessierte gerne über meine Website mitverfolgen können.

    Viele Grüße,
    Marion Selzer

  3. Avatar

    Das Thema scheint noch viel komplexer zu sein, nicht nur das „Belohnungszentrum“ im Gehirn wird angesprochen, sonder vielmehr scheinen die ganzen Zusätze in den Nahrungsmitteln aus dem Chemielabor Hormone zu imitieren und damit noch weit umfangreichere Prozesse in Gang zu setzen…..
    Wer sich für das Thema interessiert, dem empfehle ich das Buch „Die Kalorienlüge“ von Hans-Ulrich Grimm.

    Wenn man das liest, gruselt`s einen…

    Ich versuche, meine Kinder sensibel für dieses Thema zu machen. Aber fernhalten kann ich sie von diesen Dingen nicht.

    Ich selbst ernähre mich von Lebensmitteln und meide diese künstliche Nahrung, aber ob ich als Vorbild ausreiche, wage ich (leider) zu bezweifeln. Zu groß ist die Verlockung…

    In meinem Bekanntenkreis sehe ich zu meiner Bestürzung, dass sich kaum jemand Gedanken darüber macht, was er seinem Körper zuführt-Hauptsache, der Geschmack stimmt. 🙁

  4. Avatar

    Bisher habe ich nicht an Sucht gedacht.
    Meine Denkweise ging dahin, dass wir zu viel „Schrott“ essen, der Körper also nicht die nötigen Vitamine und Mineralien bekommt und verlangt in Form von „Hunger“ neue Nahrung, bekommt aber wiederum Schrott und keine Frischkost (z.B. Früchte), neue Nachfrage und wieder nur … .. . usw.

  5. Avatar

    sicher ein interessanter Artikel, leider war mir auch schon vorm lesen des Artikels klar, dass diese Abhängigkeit besteht. Aber wie komme ich aus dieser Falle wieder raus. Ich faste mehrmals im Jahr, um die Kilos, die ich mir durch diese Abhängigkeit anfresse, wieder loszuwerden. Ich weiß auch woran es liegt. Die geliebte Oma hat aufs Mittagessen Schokoplätzchen gestreut, damit ich überhaupt esse. Diese Erkenntnisse reichen allerdings leider nicht, um die Abhängigkeit dauerhaft wieder loszuwerden. Ein Dilemma. Ich habe natürlich mengenweise Bücher über Vollwertkost und gesunde Ernährung im Haus. Aber bei Eiscreme und Schokolade werde ich schwach. Immer wieder.
    Viele Grüße
    Angela

  6. Avatar
    Maria Brunheim

    5. August 2015 um 20:54

    Angela (K.5) ich werde Ihnen ein paar Tips geben, denn ich selbst war bis vor 25 Jahren Kuchen- und Eis-süchtig.
    1. Rückblick und Reflektieren von Erlebnissen, die sich eingegraben haben in Ihrer frühen Jugend, siehe Artikel oben.
    2. Schokolade nur noch im BioLaden kaufen, diese enthält immerhin meist Rohrohrzucker – was ein kleines winziges bisschen gesünder ist als normaler Rohrzucker, der aus Rüben gewonnen wird und unser normaler Haushaltszucker ist. Bei der Schokolade aus dem Bioladen öfter die zartbitteren, nach und nach auch die bitteren Sorten wählen. „Gesund“ ist hochprozentig bittere Schokolade, (ab 75% Kakao) die allerdings fast nicht mehr süß schmeckt. Maximal 3 Stückchen am Tag sind bekömmlich.
    Zartbitter- und Bitterschokolade schmechen erst dann gut wenn mensch sie LANGSAM auf der Zunge zergehen lässt. Nur dann entfaltet sich das harmonische Aroma! Schnell runterwürgen lässt dem Aroma keine Zeit, sich im Mund zu entfalten und zum Genuss zu führen.
    3. Bitterkräutertinktur einnehmen, z.B. von nuhrovia.at. Bei Zuckersucht ist die LEBER geschädigt und diese braucht zur Regeneration Bitterstoffe aus der Natur, also aus Pflanzen. Dringend!!!
    4. Spirulina, z.B. auch von nuhrovia.at kaufen und einnehmen. Das füllt die Depots auf, die durch den Zucker ständig ausgeräubert werden (Knochen, Bindegewebe, alle Zellen, Darm usw.). Die Einnahme von Bitterkräutern und Spirulina bewirkt nach und nach, dass die Gier nach Süß nachlässt.
    5. Selbstdisziplin: vor JEDEM Naschen von Eis oder Schokolade ein großes Glas gutes stilles Wasser trinken und NACH dem Naschen nochmals ein bis zwei große Gläser Wasser trinken. Der Zucker raubt dem Körper auch Flüssigkeit, die dieser dringend braucht um seine Stoffwechselarbeit zu leisten.
    Überlisten Sie sich zunächst mit dem Trinken von Wasser VOR UND NACH der Schokolade oder dem Eis. Durch das vermehrte Trinken wird dem Körper das Allerwichtigste zugeführt, (Wasser), woran jeder süchtige Organismus großen Mangel leidet!!!
    6. Ersetzen Sie Schokolade und Eis öfter durch erfrischende, saisonale und vollreife Früchte, die süffig saftig und süß schmecken, richtig lecker. Unreife Früchte sind kein Genuss und auch nicht gesund. Trockenfrüchte können auch eine Zeit lang helfen, die Gier nach SchokoEis zu reduzieren. Helfen Sie sich damit weiter und nehmen Sie Bitterkräuter, Spirulina und viel Wasser zu sich, das ist konstruktiv und hilft, den Zwang zu lösen.
    (Trockenfrüchte enthalten meist viel Fruchtzucker, der nicht unbedingt gesund ist. Man muss ausprobieren was einem zusagt und bekömmlich ist – es kann mit der Zeit wechseln und sogar ganz aufhören dass man darauf Hunger und Appetit hat).

  7. Avatar
    Martin Schiewek

    13. August 2015 um 09:50

    An diesem Artikel gefällt mir, dass er deutlich macht, wie letztlich ein bestimmtes Verhaltensmuster Sucht generiert und dass das auch beim Essen ein ausschlaggebender Faktor bleibt. Damit wird der Aspekt der Selbstverantwortung deutlich und das Suchen der Schuldigen da draussen verliert die alles bestimmende Bedeutung.

    Die betrachteten Vorgänge auf physiologischer Ebene im Gehirn sind sehr interessant, können aber zur Falle werden, wenn man meint, dass dort die Ursache liegt. Der physiologische Status des Gehirns ist eigentlich nur der Abdruck seines Anwenders, des dahinter präsenten Bewusstseins. Hier liegt der Schlüssel, aus der Sucht herauszukommen.

    Darum helfen auch keine Pillen, vor allem nicht die, die nur auf physiologischer Ebene greifen. Homöpathische Mittel greifen etwas tiefer, können helfen, Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster bewusst zu machen. Aber auch sie nützten nichts, wo die Selbstverantwortung nicht wahrgenommen wird.

  8. Avatar
    Eguiazu Guillermo Miguel(Ehem Prof Dr)

    16. August 2015 um 13:27

    Sehr geehrter Herr Graeber
    Ich gratuliere fuer das Artikel. Machen Sie bitte weiter!
    Herzlichen Gruesse
    G.M.Eguiazu

  9. Avatar

    Ein guter Artikel, lieber Herr Gräber !

    Wer sich tatsächlich traut Selbstverantwortung zu übernehmen, für das ,was Mensch verdrängt hat um zu überleben, kommt schnell zur Einsicht, dass „der Wind keine dicken Ärsche blässt“.

    Wenn wir herausfinden, warum es jetzt sofort und immer wieder die Schoko-Torte u das leckere Schoko-Eis sein muss ( wie bei mir, grins ),kommt zum Verstehen und somit zur Erlösung des Themas. Dann braucht es noch Disziplin, um das alte
    Nasch-u.Futtermuster durch neue Ernährungsgewohnheiten zu ersetzen.

    Wer sich Selbst-wert ist, sich gutes zu tun,kann sich unglaublich viel Wissen von
    Herrn Gräber anlesen.

    Respekt!!!Herr Gräber, für das Zusammentragen Ihrer Informationen.

  10. Avatar
    Hannelore Zimmermann

    16. August 2015 um 14:07

    vor 50 Jahren anlässlich d.bevorstehenden Scheidung gab es Familienrat. Ich war, wie man sich vorstellen kann, bedrückt und hörte nicht auf, die vor mir stehenden Solettis in mich hinein zu stopfen. Ich bin jetzt seit 30 Jahren glücklich verheiratet, aber in manchen unangenehmen Situationen geht es mir, wie damals und ich verschlinge–was auch immer in der Nähe ist. Knabbereien gibt es aber bei uns nicht mehr. Wenn man einige Zeit nichts Süßes zu sich nimmt, hat man schön langsam fast kein Verlangen danach. Wir ernähren uns ausgewogen und hauptsächlich bio, was aber auch manchmal über den Hunger hinaus geht—leider!
    Alles Gute
    Hannelore

  11. Avatar

    Hallo Rene,

    das ist sehr interessant. Kann mir gut vorstellen, dass süchtigmachende Substanzen in manchen Lebensmittel enthalten sind. Nicht nur jene die erforscht wurden und ganz sicher dazu gehören, sondern auch der Reiz des Essens, der eine gewisse psychologische Gewöhnung hinterläßt.
    Dazu gehören mit Sicherheit die schweren Krankheiten wie Magersucht und Bulimie in irgendeiner Art.
    Wenn du Ideen hast, womit man die eine oder andere dieser Krankheiten erleichtert, dann lass es uns wissen 😉
    Psychologie ist da oft erfolglos.
    Vielleicht kann sich ja eine Prägung auf andere Stoffe erzielen lassen…

  12. Avatar

    Hallo René,
    Ihre Texte sind einfach super,weiter so.Ich lerne von allen Texten was dazu.
    Bis jetzt dachte ich wirklich,deine Mutter war total Übergewichtig,also wirst du auch so am Ende deines Lebens sein!!!!!Schließlich war ich schon auf den Weg dazu und nicht nur ich,sondern meine 4 Geschwister auch.Mein größtes Schockerlebnis war vor 30 Jahren,als ich sah,als ich meine Mutter 3 Teller Spaghetti essen sah und sie dann sagte sie wäre immernoch nicht satt.Damals dachte ich soviel will ich nie essen.Im Laufe der Zeit bemerkte ich,wie wichtig mir am Morgen meine 2-3 Marmeladenbrote waren.Ich freute mich abends aufs Frühstück.Jetzt nach 30 Jahren viel mir auf,dass ich auch in der Kolenhydratfalle war.Und zweitens hatte ich auch hier und da Lust auf was Süßes.Und dass lies das Übergewicht ansteigen.Dass zeigte mir,was du 18 Jahrelang vorgezeigt bekommst,du schlussendlich in kleinen Schritten folgst.Bis vor den Kindern hatte ich mich im Griff,aber dann kamen die Kinder,der Mann war nicht so wie er hät sein sollen,Jahrelange Scheidung und du ißt.Immerwieder las ich Ihre Texte konnte andere helfen zum Abnehmen,aber bei mir half nichts.Mein Körper zeigte mir durch Durchfälle,das ich was falsch mache,aber was war das ???Ich las also ein dreiviertel Jahr Ihre Texte und auch die Blogs ,die es darunter gab und da las ich eines Tages von wenig Kohlenhydraten(Low Carb).Bis jetzt aß ich davon ja jeden Morgen und jeden Mittag,ja und das war alles zuviel für mich.Ich wußte bis ich dieses Buch las,gar nicht,wie ich Kohlenhydrate und Süßes weglassen hät können,ohne gleich Heißhungerattaken darauf zu kriegen.In diesem Buch steht warum wir Kohlehydratesser überhaupt Heißhunger bekommen und man gar nicht auf Süßes verzichten muß!Und als ich das gelesen habe,habe ich auch kapiert warum ich so dick geworden bin.Ja man weiß,wenn man Lust auf Süßes hat,das der Körper eigentlich nach Vitamine ruft,aber was machen wir Menschen?Wir greifen nach allem,was es schnell zu Bekommen gibt.Und leider ist der Laden voll davon.Und wie verführerisch riecht der Bäcker,wenn man an solchem vorbei geht ?
    Alles Fallen.Ja Ihr Text hat mir heute Mut gemacht.So werde ich weiter jetzt noch einwenig mehr auf Ernährung achten.
    Danke für Ihre Mühe !!!

  13. Avatar

    Wieder was dazu gelernt.Wohl du nie wie Mutter essen wolltest,tust du es doch nach 30 Jahren!!!Und so bin ich im Laufe der Zeit ein richtiger Kohlenhydratfresser geworden.Und damit auch fett.Dich wär ja ein paar Kilo zuviel ,nein es war vielzuviel.Also jetzt mußte ein Buch her,das mir zeigte mit wenig Kohlenhydraten schlank zu werden,und das geht mit Low Carb.

  14. Avatar

    Sehr interessanter Artikel, man lernt wirklich nie aus! Ich konnte viel für mich persönlich rausnehmen, vor allem die Punkte am Ende. Sehr schön geschrieben 🙂
    Ich interessiere mich selber mehr und mehr für dieses Thema und finde das sollte wirklich jeder tun!
    Viele Grüße und weiterhin Erfolg,
    Tom von lecker-abnehmen.net

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