Inulin ist die Bezeichnung für ein natürlich vorkommendes Fruktosepolymer, also ein Polysaccharid aus Fruktose, wie es von vielen Pflanzen synthetisiert wird. Seinen Namen erhielt Inulin von der Pflanze Alant, lateinisch Inula helénium, in der es 1804 zum ersten Mal entdeckt wurde.
In vielen Pflanzen dient Inulin als Energiespeicher. Der wasserlösliche Stoff ist in einigen Pflanzen besonders reichhaltig vorhanden, darunter Pastinaken, Bananen, Knoblauch, Chicorée, Getreide, Zwiebeln oder Topinambur.
Für Menschen ist Inulin ein Ballaststoff, denn das Enzym Inulinase, das den Stoff abbaut, ist bei uns nicht vorhanden. Der Verzehr größerer Mengen Inulin kann daher Darmprobleme wie Blähungen oder Durchfall mit sich bringen und man sollte es als Nahrungsergänzungsmittel schrittweise in die gewohnte Ernährung integrieren. Andere Nebenwirkungen sind nicht zu befürchten. Im Gegensatz zum Menschen können bestimmte nützliche Bakterien im Darm, insbesondere Milchsäurebakterien (Laktobazillen), Inulin verdauen.
Als Präbiotikum dient Inulin diesen Darmbakterien als Nahrung. Die Milchsäurebakterien produzieren dabei Milchsäure und säuern dadurch das Darmmilieau an und machen es ungünstig für eingeschleppte pathogene Bakterien. So kann Inulin eine gesundheitsfördernde Wirkung ausüben und die Darmflora gegen Infektionen stärken. Es erhöht außerdem die Kalzium-Aufnahme aus der Nahrung (1) und es gibt Hinweise, dass auch die Magnesium-Aufnahme verbessert wird.(2)
Inulin hat in der Lebensmittelindustrie eine große Bedeutung gewonnen. Es wird beispielsweise als Zusatzstoff verwendet, um den Ballaststoffanteil eines Nahrungsmittels zu erhöhen. Zudem wird es als probiotischer Lebensmittelzusatz eingesetzt. In Diabetikerprodukten dient es als Stärke-Ersatzstoff, der keine Insulin-Ausschüttung bewirkt. Da Inulin nicht verdaut werden kann, erhöht es nach dem Verzehr den Blutzuckerspiegel ebenso wenig wie den Level an Triglyceriden (3). Es wird zudem als Ersatzstoff für Zucker, Mehl oder Fett eingesetzt oder um die Textur von Nahrungsmitteln zu verbessern. Inulin liefert nur wenige Kalorien (1.5 kcal/g) und kann das Stuhlvolumen erhöhen, die Verdauung fördern und sich positiv auf den Triglycerid-Spiegel auswirken. Im Tierversuch unterdrückt Inulin die Entstehung von Darmkrebs.(4)
In Europa liegt die durchschnittliche Menge an täglich verzehrtem Inulin je nach Schätzung bei 3 bis 10 Gramm täglich. Dabei wird weniger Inulin durch natürliche Quellen aufgenommen als durch verarbeitete Nahrungsmittel wie Müsliriegel oder Joghurts, die mit Inulin angereichert wurden. Als Nahrungsergänzung sollen Erwachsene laut der Gesellschaft deutscher Chemiker täglich bis zu 5 Gramm Inulin aufnehmen.
Das rein pflanzliche Inulin, das häufig als Pulver oder in Kapseln angeboten wird, eignet sich auch für Vegetarier oder Veganer. Durch einen leicht süßlichen Eigengeschmack kann es in Milchprodukte oder Getränke eingerührt den Geschmack verbessern oder eine cremige Konsistenz verleihen. Wer unter Fruktoseintoleranz leidet, muss das Fruktosepolymer Inulin dagegen meiden.
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Fakten und Studien zu Inulin
Inulin, ähnlich wie Fructose, hat einen sehr geringen glykämischen Index und praktisch keine Kalorien, da nur sehr wenig von der Substanz resorbiert wird. Daher erscheint es fast logisch, Inulin mit zu berücksichtigen, wenn es um die Frage der Gewichtsreduktion geht.
Ein Autorenteam aus Polen hat sich unter anderem dieser Frage angenommen:
Diese Arbeit ist eine Metaanalyse, die pädiatrische Studien untersucht hatte, inwieweit hier die Gabe von Inulin zu Gewichtsverlusten bei übergewichtigen Kindern geführt hatte. Hier zeigten die Ergebnisse, dass die Gabe von Inulin zu keinem überzeugenden Gewichtsverlust hat führen können. Bei nicht übergewichtigen Kindern allerdings führte Inulin zu einer reduzierten Gewichtszunahme im Vergleich zu einer Kontrollgruppe.
Bei Erwachsenen ergaben sich 15 Studien, die sich für die Auswertung geeignet zeigten. Bei 5 dieser Arbeiten gab es keinen Effekt von Inulin auf die Dämpfung des Appetits. Bei 11 Arbeiten gab es keinen Einfluss auf die tägliche Energiezufuhr. Bei 2 von 3 Arbeiten, wo es um die Beeinflussung des Körpergewichts ging, ergab sich eine signifikante Reduzierung desselben unter Inulin-Gabe. Von 3 Arbeiten, die nach dem BMI schauten, zeigte nur eine Arbeit eine signifikante Senkung des BMI.
Die Autoren schlossen aus ihren Beobachtungen, dass eine Langzeitgabe von Inulin und verwandten Substanzen zu einer Gewichtsreduktion beitragen kann.
Die gleiche Autorengruppe veröffentlichte diese Arbeit ein Jahr später. Hier handelt es sich um eine klinische Studie mit übergewichtigen und adipösen Kindern. Untersucht wurde die Frage, ob Inulin den Sättigungsgrad bei den Kindern erhöht und dadurch die Energiezufuhr drosselt und somit zur Reduzierung des BMI führt.
Die Studiendauer betrug 12 Wochen.
Die Teilnehmerzahl betrug 97 Kinder zwischen 7 und 18 Jahren. Diese Gruppe wurde zufallsbedingt in eine Placebogruppe, die Maltodextrin als Placebo erhielt, und eine Verumgruppe, die Inulin 8 g/Tag für Kinder im Alter von 7 bis 11 Jahren und 15 g/Tag Inulin für Kinder ab 12 Jahren und älter erhielten, aufgeteilt.
Resultate: Es zeigte sich kein signifikantes Ergebnis im Vergleich zwischen Verum- und Placebogruppe. Daraus schlossen die Autoren, dass die Gabe von Inulin bei übergewichtigen Kindern zu keiner Reduktion von Gewicht und/oder BMI führt.
Mein Fazit: Keine Überraschung. Eine „Behandlung“ mit Inulin von nur 12 Wochen könnte ein Grund für das Ausbleiben des Gewichtsverlusts sein. Denn Abnehmen ist keine Blitzaktion. Außerdem: Übergewicht ist nicht auf das alleinige Fehlen von Inulin in der Ernährung zurückzuführen. Und die Zufuhr von ausreichend vielen Ballaststoffen, wie Inulin es ist, ist eine wichtige Voraussetzung für die Kontrolle eines normalen Körpergewichts, aber nicht der allein wirksame Faktor dafür.
Eine Erhöhung des Ballaststoffanteils in der Ernährung kann somit die Bedingungen für einen Gewichtsverlust verbessern, aber nie alleiniger Mechanismus für ein erfolgreiches Abnehmen darstellen. Auf der anderen Seite, aus den oben diskutierten Ergebnissen ableiten zu wollen, das Inulin nutzlos zu sein scheint, ist ebenfalls nicht nachzuvollziehen. Denn die zuvor diskutierte Metaanalyse scheint zu bestätigen, dass Ballaststoffe wie Inulin bei der Beibehaltung des Körpergewichts helfen können.
Diese Arbeit von 2015 aus Großbritannien untersuchte 44 Patienten mit Prädiabetes und die Frage, ob die Gabe von Inulin bei den Teilnehmern Gewichtsverlust, Appetit und ektopisches Fettgewebe beeinflussen kann.
Dazu bekamen die Teilnehmer für die Dauer von 18 Wochen täglich Inulin oder als Placebo Zellulose als Nahrungsergänzung. Verum- und Placebogruppe verloren nach 9 Wochen rund 5 Prozent des ursprünglichen Körpergewichts. Danach bis zum Ende der Beobachtungsdauer verlor die Verumgruppe deutlich mehr an Gewicht als die Placebogruppe.
Die Inulingruppe hatte deutlich weniger ektopisches Fettgewebe in der Leber und im Schollenmuskel (Musculus soleus). Bei einem ad libitum Testessen konsumierte die Verumgruppe ebenfalls deutlich weniger als die Kontrollgruppe. Nüchternblutzucker sank nur in der neunten Woche signifikant, wobei jedoch die Insulinwerte keine Veränderung erfuhren.
Die Autoren schlossen aus ihren Beobachtungen, dass Inulin zwei Effekte begünstigen kann: 1. die Förderung von Gewichtsreduktion und 2. die Reduktion von ektopischen Fettansammlungen in Leber und Muskulatur, die bei den Teilnehmern unabhängig von einem tatsächlich erfolgten Gewichtsverlust zu beobachten war.
Mein Fazit: Wie bereits vermutet, die Gabe von Inulin oder anderen Ballaststoffen hat günstigstenfalls einen Langzeiteffekt. Das heißt, dass Ballaststoffe bei der Ernährung kein Luxus darstellen sollten, dem man sich nur zu gewissen Zeiten hingibt. Ballaststoffe sollten integraler Bestandteil der Ernährung sein. Oder mit anderen Worten: Eine Ernährung ohne Ballaststoffe ist keine gesunde Ernährung. Eine solche Ernährung ist übrigens das „Markenzeichen“ der industriell gefertigten Nahrungsmittel der Lebensmittelindustrie.
Zusätzlich scheint die Gabe von Präbiotika in Form von Inulin einen positiven Effekt auf das gastrointestinale Immunsystem zu haben – zumindest bei Mäusen:
Die im Juli 2016 erschienene Arbeit zeigte, dass unterernährte Mäuse, die zudem noch an einer Giardien-Infektion litten, unter einer Gabe von Inulin eine signifikant symptomärmere Infektion durchmachten und gleichzeitig die Körper- und Dünndarm-Masse zunahm. Gleichzeitig nahm die Population an Lactobacillus deutlich zu. Antikörper gegen Giardiose-Erreger nahmen deutlich zu, sowie die entzündungshemmenden Zytokine IL-6 und IL-10. TNF-alpha wurde gesenkt und Stickoxide (NO) in Serum und gastrointestinalen Flüssigkeiten erhöht.
Eine Begutachtung von Gewebeproben aus dem Gastrointestinaltrakt zeigte weniger Zell- und Gewebeschäden unter der Inulin-Gabe. Bei Mäusen ohne Inulin zeigte sich abgestorbenes Gewebe vor allem im Bereich der Mikrovilli.
Die Autoren berichten, dass dies die erste Beobachtung ist, die zeigen konnte, dass eine Gabe von Präbiotika in der Lage zu sein scheint, auch die Morphologie des Gastrointestinaltrakts positiv zu beeinflussen und sogar bei unterernährten, infizierten Mäusen eine Verbesserung des Immunstatus zu bewirken.
Mein Fazit hier: Sollte dieser Effekt auch nur ansatzweise für den Menschen zutreffen (und ich sehe da keinen Grund oder Hinweis, warum dem nicht so sein sollte), dann haben Ballaststoffe eine noch viel höhere Bedeutung für ein gesundes Verdauungs- und Immunsystem, als wir es uns bislang vorgestellt haben.
Diese Arbeit scheint die zuvor diskutierte Arbeit zu bestätigen, diesmal auch auf den Menschen bezogen. Denn hier werden Prozesse angesprochen, die den Effekt der Ballaststoffe wie Inulin ausdehnen auf physiologische Vorgänge, die sich nicht auf den Gastrointestinaltrakt und die Verdauung beschränken. Vielmehr sprechen die Autoren hier von einem Fern-Effekt der Ballaststoffe, die sich günstig auf Knochenstärke, neurale und kognitive Prozesse, Immunfunktionen, Haut und Serumlipidprofil auswirken. Der dahinter stehende Wirkmechanismus scheint zumindest teilweise auf der intestinalen Permeabilität zu beruhen und durch die Fermentationsprodukte der Ballaststoffe, die in der Lage sind, ihre Zielzellen dadurch zu erreichen.
Diese kanadische Arbeit von 2016 beginnt bemerkenswerterweise mit den Worten, dass die Darmflora jetzt sogar in der (kanadischen?) Schulmedizin mehr Beachtung als Verursacher von Erkrankungen findet. So haben Typ-1-Diabetes Patienten ein typisches Darmflora-Muster im Vergleich zu gesunden Individuen. Daher hatten die Autoren diese Pilotstudie durchgeführt, um zu sehen, ob eine Verbesserung der Darmflora und ihrer Zusammensetzung auch bei Typ-1-Diabetikern einen Nutzen bringt.
Teilnehmer waren Kinder mit Typ-1-Diabetes, die in eine Verumgruppe und ein Placebogruppe aufgeteilt wurden. Die Verumgruppe erhielt Inulin 8 g/Tag und die Placebogruppe erhielt Maltodextrin, 3,3 g/Tag. Messungen wurden zu Beginn, nach 3 und 6 Monaten durchgeführt: Anthropometrische Maße, Insulindosierungen und deren Veränderungen, Häufigkeit einer diabetischen Ketoazidose, Häufigkeit einer schweren Hypoglykämie, durchschnittliche Anzahl an Hypoglykämien pro Woche, Serum-C-Peptid, HbA1c, Serum-Entzündungsmarker (IL-6, IFN-gamma, TNF-alpha und IL-10), GLP-1 und -2, Stuhlproben für die Begutachtung der Darmflora und andere.
Als Pilotstudie gab es noch keine relevanten Ergebnisse. Die hier gewonnenen vorläufigen Ergebnisse sollen erst einmal nur Aussagen machen, ob es sinnvoll ist, in einer großen klinischen Studie dieser Fragestellung nachzugehen.
Die von den Autoren aufgestellte Hypothese lautet, dass der Verzehr von Präbiotika die Darmflora und die intestinale Permeabilität so verändert, dass es zu einer verbesserten Kontrolle des Blutzuckerspiegels kommt – auch beziehungsweise gerade für Typ-1-Diabetiker.
Mein Fazit hier: Was sich möglicherweise als positiv für Typ-1-Diabetiker entpuppen könnte, kann dann nur gut für Typ-2-Diabetes sein und vor allem für Gesunde, um erst gar nicht eine solche Erkrankung oder ein metabolisches Syndrom zu entwickeln.
Die Autoren bezeichnen Ballaststoffe als effektiv, nicht teuer und risikoarm in Bezug auf Nebenwirkungen, was ein klares Veto gegen pharmakologisch-pharmazeutische Erzeugnisse zu sein scheint.
Fazit
Inulin ist einer von einer Reihe von Ballaststoffen, der noch nicht ganz so gut dokumentiert ist, wie er es eigentlich verdient hätte. Das Wenige, was wir bislang von der Substanz wissen, ist vielversprechend und erfüllt vor allem die Erwartungen, die man an einen Ballaststoff allgemein stellt.
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Kleine Anmerkung: Die Sache mit den “5 Wundermitteln” ist mit Abstand der beliebteste Newsletter, den meine Patienten gerne lesen…
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